„SozialMarie“ für Projekt von psychisch kranken Journalisten aus Tschechien

Foto: Offizielle Facebook-Seite des Wettbewerbs SozialMarie

Traditionell wird am 1. Mai in Österreich die „SozialMarie“ für soziale Initiativen verliehen.“. Innovative Projekte aus Tschechien haben bei der Verleihung in diesem Jahr besonders gut abgeschnitten. Das Projekt „Studio 27“ wurde zum Gesamtsieger gekürt. Zudem konnte sich die Plattform „Na ovoce“ den dritten Preis sichern.

Břetislav Košťál  (Foto: Archiv von Břetislav Košťál)
Insgesamt vier Menschen stehen hinter dem Projekt „Studio 27“. Und sie haben alle eine ähnliche Geschichte. Sie haben eine gewisse Zeit im Pavillon Nummer 27 der psychiatrischen Anstalt in Prag-Bohnice verbracht, daher der Name „Studio 27“. Nun wollen sie zeigen, dass auch psychisch kranke Menschen normal arbeiten können. Vor allem aber, dass über ihre Erkrankung offen gesprochen werden soll. Břetislav Košťál ist einer der Projektleiter:

„Menschen mit einer chronischen psychischen Erkrankung machen journalistische Arbeit. Das ist einzigartig. Wir sprechen offen über unsere Erfahrungen und äußern uns zum Pflegesystem hierzulande.“

Medien in ganz Tschechien wollten nicht mit ihnen zusammenarbeiten. Sie haben daher ihren eigenen Weg beschritten: Sie veranstalten Debatten, drehen Video-Reportagen und veröffentlichen diese im Internet. Ihr Projekt wurde nun mit dem ersten Preis im österreichischen Wettbewerb „SozialMarie“ ausgezeichnet. Er ist mit 15.000 Euro dotiert:

„Wir möchten einen Teil des Geldes in unsere technische Ausstattung investieren. Auch wollen wir unsere Reisekasse aufstocken. So können wir auch in andere Regionen Tschechiens fahren und dort Reportagen und Interviews mit psychisch kranken Menschen machen. Wir möchten viele ihrer Geschichten zusammenbringen.“

Foto: Offizielle Facebook-Seite des Wettbewerbs SozialMarie
Mit dem öffentlichen Interesse an ihrer Arbeit sind die Mitglieder des „Studio 27“ zufrieden. Ihr Ziel ist es, einen Beitrag für die Reform der psychiatrischen Pflege in Tschechien zu leisten: Statt großer Anstalten am Rande der Gesellschaft würden sie sich kleinere Einrichtungen in den Stadtzentren wünschen.

Die Preise „SozialMarie“ werden von der privaten österreichischen Stiftung „Unruhe“ für besonders innovative Sozialprojekte verliehen. Den dritten Platz und 5000 Euro erhielt die tschechische Internet-Plattform „Na ovoce“, auf Deutsch „Ans Obst“. Am Anfang stand die Idee, den Tschechen beizubringen, Obst von frei zugänglichen Bäumen zu pflücken. Heute geht es nicht mehr nur um die Ernte, sondern um die Pflege von Bäumen in Tschechien. Tomáš Zděblo erklärt das Vorhaben am Beispiel eines Obstgartens im Park Šárka am Stadtrand von Prag:

Foto: Offizielle Facebook-Seite des Wettbewerbs SozialMarie
Menschen dazu bringen, das Obst zu gebrauchen. Aber in einem vernünftigen Maß, damit die Bäume nicht beschädigt werden.“

Kateřina Kubánsková ergänzt:

„Wir gehen davon aus, dass jemand, der das Obst von einem frei zugänglichen Baum pflückt, dies jedes Jahr machen will. Mit der Zeit merkt er aber, dass dies nicht ohne weiteres möglich ist, dass man auch etwas tun und den Baum pflegen muss. Im Frühling haben wir hier etwa einen Workshop für unsere Fans gemacht. Dabei lernten wir, wie man die Bäume richtig schneidet.“

Zum Projekt gehört eine Handy-App. Im Laufe von drei Jahren hat die Plattform viele Fans gewonnen, die heute selbst Obstbäume in der Landschaft in eine digitale Karte eintragen. In der nächsten Zukunft wollen sich die Initiatoren auf die Gründung neuer Obstgärten konzentrieren.