In Tschechien wird an Opfer des Kommunismus gedacht

Rut Kolínská und Petr Marek (Foto: Martina Schneibergová)

Der 27. Juni gilt in Tschechien als Tag des Gedenkens an die Opfer des Kommunismus.

Anstecker  (Foto: Martina Schneibergová)
Der 27. Juni gilt in Tschechien als Tag des Gedenkens an die Opfer des Kommunismus. Aus diesem Anlass wird an verschiedenen Orten an die von den Kommunisten Verfolgten und Ermordeten erinnert. Vor dem Prager Kampa-Museum fand bereits am vergangenen Sonntag ein Gedenkhappening statt.

Im Hof vor dem Museumseingang steht ein rot gestrichener Käfig. Darauf ein schwarz-weißes Plakat mit dem Foto von Milada Horáková. Petr Marek von der Plattform „Bez komunistů.cz“ hat einen Anstecker in Form eines kleinen Stricks an seiner Jacke.

Foto: Martina Schneibergová
„Ein Symbol für das Gedenken an die Opfer ist diese kleine Trikolore mit einem Stück Strick. Denn die politischen Gefangenen, die von den Kommunisten nach Schauprozessen hingerichtet wurden, wurden erhängt. Interessenten können diesen Anstecker hier im Museumshof bei einem Workshop selbst basteln. Sie können den ihn aber auch an der Kasse des Museums abholen oder ihn am Abend des 27. Juni bei einer Gedenkveranstaltung von uns bekommen. In Prag werden die Anstecker auch von Freiwilligen auf der Straße verteilt.“

Petr Marek zufolge gibt es zudem die Möglichkeit, sich dem Gedenken via Facebook anzuschließen.

Seit 2004 wird der 27. Juni hierzulande als Gedenktag für die Opfer des Kommunismus begangen. Auf den Tag genau vor 68 Jahren wurde die tschechoslowakische Politikerin, Widerstandskämpferin und Journalistin Milada Horáková hingerichtet. In diesen Tagen wird auch an die übrigen 247 Personen erinnert, die nach politischen Prozessen getötet wurden. Zahlreiche weitere Menschen starben in den kommunistischen Gefängnissen und Arbeitslagern. Eine vollständige Liste der Opfer wurde Petr Marek zufolge nie zusammengestellt. Historiker schätzen deren Zahl auf bis zu 10.000. Marek bemüht sich seit einigen Jahren darum, auf die Verbrechen des totalitären Regimes aufmerksam zu machen. Die Gesellschaft habe die totalitäre Vergangenheit gleich nach der Wende von 1989 nicht ausreichend bewältigt, meint er:

Rut Kolínská und Petr Marek  (Foto: Martina Schneibergová)
„Die größten Verbrechen des Kommunismus wurden nicht bestraft. Für Gerechtigkeit wurde nicht gesorgt. Zudem wird im Geschichtsunterricht dieser Zeitepoche nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Wenn wir bei unseren Veranstaltungen über die Vergangenheit erzählen, sind viele der jungen Leute sehr erstaunt und sagen, sie hätten darüber nie etwas gehört.“

Rut Kolínská ist Bürgeraktivistin. Noch vor der Wende war sie bei der Entstehung der Umweltinitiative „Prager Mütter“ dabei. In den 1990er Jahren gründete sie die ersten Mütterzentren in Tschechien. Kolínská ist davon überzeugt, dass es notwendig sei, nicht nur die junge Generation anzusprechen.

Foto: Kristýna Maková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag
„Viele Menschen nehmen eigentlich nur noch die neuen Möglichkeiten wahr, die sie heute im Vergleich mit den früheren Zeiten haben. Dabei meinen sie, es sei doch nicht schlimm gewesen - damals während des Kommunismus. Die junge Generation kann da einiges bewirken. Allerdings nur, wenn sie auch wissen wird, was für Verbrechen sich während des Kommunismus abgespielt haben. Ich hoffe, dass die kommunistische Partei dann keine Parlamentspartei mehr sein wird, und es auch nicht mehr passieren wird, dass eine Regierung mit Unterstützung der Kommunisten gebildet wird.“

Der Gedenktag wird am Mittwoch auf der Kampa-Insel mit einem weiteren Happening den Höhepunkt erreichen. Unter dem Motto „Lichter für das Andenken von Milada Horáková und allen Opfern des Kommunismus“ werden dort Kerzen brennen. Dem Happening schließen sich Menschen auch an anderen Orten Tschechiens an.