Gestochen scharf: Poldihütte in historischen Fotos

Foto: Archiv des Nationalen Technikmuseums

Das Nationale Technikmuseum hat das Filmarchiv der Stahlfirma in Kladno gerettet. Nun zeigt es eine Bilder-Auswahl.

Foto: Archiv des Nationalen Technikmuseums
Die Poldihütte war bis zum Zweiten Weltkrieg ein international angesehener Stahlhersteller, unter anderem mit Dependancen in Paris und New York. Seit einiger Zeit ruht jedoch der Betrieb in Kladno. Gegründet wurde das Unternehmen 1889 von Karl Wittgenstein, dem Vater des Philosophen Ludwig Wittgenstein. Die Hütte benannte er nach dem Kosenamen seiner Frau Leopoldine.

Der Stahl aus Kladno war ziemlich schnell auf dem internationalen Markt gefragt, unter anderem wurde er zum Bau der Harbour Bridge in Sydney verwendet. Kein Wunder, dass ein so bedeutender Industriebetrieb auch früh fotografisch festgehalten wurde. Doch das große Bilderarchiv der Poldihütte drohte zu verrotten. Karel Ksandr ist Chef des Nationalen Technikmuseums in Prag:

Karel Ksandr  (Foto: Marián Vojtek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Meine Vorgänger haben die damalige Führung der Poldihütte davon überzeugt, dass das Archiv nicht verloren gehen sollte. So ist es in die Sammlungen des Nationalen Technikmuseums gelangt und konnte für zukünftige Generationen gerettet werden.“

Es handelt sich um etwa 10.000 Aufnahmen aus der ganzen Firmengeschichte. In der Ausstellung zu sehen ist etwa, wie im Ersten Weltkrieg Granaten für die k. u. k. Armee hergestellt wurden. Oder die Mitarbeiter einer Auslandsvertretung von 1930. All dies verbarg sich auf gläsernen Negativen in 30 verdreckten Kisten. Die Schau nun im Technikmuseum nennt sich „Das Gesicht der Industrialisierung“.

„Das sind absolut einzigartige Aufnahmen. Uns geht es darum, dass die Poldihütte gerade durch die Menschen, die Arbeiter geprägt wurde. Sie sind beispielsweise an den großen Maschinen in dem Stahlwerk abgelichtet“, so Ksandr.

Petr Kliment ist einer der Autoren der Ausstellung. Er ergänzt:

„Die ersten Fotos stammen aus der Gründungszeit der Hütte, konkret aus dem Jahr 1896. Die letzte Aufnahme ist von 1954, also nach der Verstaatlichung des Betriebs. Es handelt sich um den ältesten Teil des Archivs, als die Poldihütte vorrangig deutsch war. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg übernahmen tschechische Manager das Unternehmen, aber die Foto-Sammlung konnte erhalten werden.“

Schon frühe Aufnahmen von beispielsweise 1910 sind gestochen scharf, das Gesicht jedes Arbeiters und jeder Arbeiterin von damals ist genau zu erkennen. Die Fachleute des Museums haben für die Ausstellung ganze Arbeit geleistet. Doch warum eigentlich eine Foto-Ausstellung im Technikmuseum? Laut Karel Ksandr ist das kein Widerspruch, im Gegenteil:

„Die Fotografie gehört auch hier ins Museum, sie ist eine unserer grundlegenden Sammelgegenstände. In der Ausstellung vereinen sich ganz wunderbar Industrie-Technologie und die Geschichte der Fotografie. Mit beidem beschäftigt sich das Museum ansonsten getrennt, hier kann man sie jedoch in einer einzigen Ausstellung bewundern.“


Die Ausstellung „Tvář průmyslové doby“ (Das Gesicht der Industrialisierung) ist im Nationalen Technikmuseum in Prag zu sehen, und zwar noch bis 11. März kommenden Jahres. Geöffnet ist das Museum dienstags bis freitags von 9 bis 17.30 Uhr sowie an Wochenenden und Feiertagen von 10 bis 18 Uhr.

Autor: Till Janzer
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