Gedenktafel in Prag ehrt österreichischen Verfassungsrechtler Hans Kelsen

Hans Kelsen

Seit Mittwoch gibt es in Prag wieder eine Gedenktafel für den österreichischen Verfassungsrechtler Hans Kelsen. An der feierlichen Enthüllung nahmen der österreichische Justizminister Wolfgang Brandstetter und seine tschechische Amtskollegin Helena Válková teil. Die Ressortchefs trafen vorher auch zu bilateralen Gesprächen zusammen.

Enthüllung  (Foto: Gerald Schubert)
Hans Kelsen gilt als einer der bedeutendsten Rechtswissenschaftler des 20. Jahrhunderts. Er hat die österreichische Verfassung des Jahres 1920 maßgeblich mitgestaltet. Geboren wurde er 1881 in einer jüdischen tschechisch-österreichischen Familie in Prag. An der Stelle seines ursprünglichen Geburtshauses an der Ecke Národní und Spálená steht heute ein Kaufhaus, an dessen Außenseite nun die Gedenktafel angebracht wurde. Sie ist bereits die zweite an dieser Stelle. Die erste, die 2013 enthüllt worden war, haben Unbekannte gestohlen. Der österreichische Justizminister Wolfgang Brandstetter hob bei der Zeremonie die Bedeutung des Gelehrten für die Verbindungen zwischen Österreich und Tschechien hervor. Als Sohn Prags und Vater der österreichischen Verfassung verkörpere Kelsen das Gemeinsame beider Länder:

Hans Kelsen
„Hans Kelsen ist nicht nur eine Symbolfigur für die Vergangenheit, die zeigt, dass Tschechien und Österreich eine gemeinsame Rechts- und Kulturtradition verbindet, er ist auch eine Symbolfigur für die Zukunft, weil man auch in Zukunft immer wieder an Hans Kelsen denken wird, wenn es darum geht, Rechtsstaatlichkeit, Frieden, Freiheit und Sicherheit im gemeinsamen Europa zu sichern und zu verbessern.“

Das Werk von Kelsen umfasst über 400 Publikationen, besonders aus den Bereichen des Verfassungsrechts sowie des internationalen Rechts, der Staatslehre, der Politologie und der Philosophie. Seine Rechtstheorie wird als Grundlage für die rechtswissenschaftliche Arbeit weltweit verwendet und weiter entwickelt. Justizminister Brandstetter:

Wolfgang Brandstetter und Helena Válková  (Foto: Gerald Schubert)
„Was er an Gedanken entwickelt hat, wird Bestand haben. Vor allem der ganz entscheidende Punkt, dass der Staat für das, was er tut, eine Legitimation braucht. Für alle Maßnahmen, auch Zwangsmaßnahmen, die der Staat notwendigerweise setzen muss, bedarf es einer juristischen Legitimation, und das ist das System der Rechtstaatlichkeit. Das hat Hans Kelsen begründet. Daher wird er mit seinen Arbeiten sicherlich die Zeiten überdauern.“

Die Gedenktafel soll nur der erste Schritt zur Reflexion über den Juristen und sein Werk in Tschechien sein. Eine Gruppe tschechischer Rechtswissenschaftler initiierte die Errichtung einer Skulptur an der Stelle von Kelsens Geburtshaus. Das Denkmal soll die philosophischen und rechtlichen Kategorien „Sein“ und „Sollen“ darstellen, zentrale Punkte in Kelsens Rechtsbetrachtung. Mit der Enthüllung wird im Frühjahr 2015 gerechnet.

Justizministerin Válková und Justizminister Brandstetter kamen in Prag auch zu bilateralen Verhandlungen zusammen. Sie diskutierten über die Kodifikation des bürgerlichen Rechts in Tschechien und über die Implementierung von EU-Recht auf nationaler Ebene. Ein weiteres Gesprächsthema war die Organisation der Staatsanwaltschaften in Österreich und Tschechien. Die Politiker unterstrichen auch die Bedeutung der bilateralen Kooperation im Rahmen der EU.