Entscheidendes Prag-Spiel: Kann Tschechien seine WM-Chance wahren?

Karel Jarolím (Foto: ČTK)

Tschechien gegen Deutschland – diese Fußballbegegnung hat schon mehrfach Endspielgeschichte geschrieben. Beim erneuten Duell am Freitag in Prag aber ist die Ausgangslage völlig anders. Die Gäste können mit einem Sieg die WM-Teilnahme fast klarmachen, für die Tschechen wäre eine Niederlage de facto das Aus.

Mats Hummel  (Foto: ČTK)
In Prag regnet es seit Donnerstagabend unaufhörlich. Kurz davor absolvierte die deutsche Mannschaft ihr Abschlusstraining. Und auch bei der Pressekonferenz mit Bundestrainer Joachim Löw und Abwehrspieler Mats Hummel herrschte eitel Sonnenschein. Für die Gäste ist das völlig berechtigt, denn mit Siegen gegen Tschechien und am Montag in Stuttgart gegen Norwegen können sie das WM-Ticket bereits fest buchen. Hummels ist davon überzeugt:

„Wir wollen unsere Hausaufgaben machen und beide Spiele gewinnen. Wir wollen weiter an die gute Qualifikation, die wir bisher gezeigt haben, anknüpfen.“

In der laufenden Qualifikation hat Deutschland alle bisherigen sechs Spiele gewonnen, dazu kommt das atemberaubende Torverhältnis von 27:1. Bundestrainer Löw warnt dennoch vor den Tschechen. Er erinnerte dabei an seinen ersten Auftritt in Prag – vor zehn Jahren gewann sein Team mit 2:1 in der EM-Qualifikation:

„Man weiß, dass wir damals mit Tschechien um den Gruppensieg gekämpft haben. Es war unheimlich knapp. In Prag haben wir jedoch das wichtige Hinspiel gewonnen. Die tschechische Mannschaft hatte damals mit Jan Koller und weiteren Akteuren sehr namhafte Spieler in ihren Reihen, die bei großen Vereinen gespielt haben.“

Petr Čech, Tomáš Rosický oder eben Jan Koller, das waren wirklich noch große Namen, die vor zehn Jahren in der tschechischen Mannschaft gespielt haben. Löw weiß auch, dass sein heutiger Gegner nicht mehr so stark ist, findet aber, dass die Tschechen immer noch viele gute und vor allem technisch beschlagene Spieler in ihren Reihen haben. Und der Bundestrainer verwies mit Nachdruck auf die aktuelle Konstellation in der Gruppe:

„Die Ausgangssituation für Tschechien ist ziemlich klar. Mit Sicherheit sind die Tschechen nach uns nominell eigentlich die beste Mannschaft in der Gruppe. Sie haben einige Punkte weniger wie andere Mitbewerber, und jetzt stehen sie natürlich vor der Situation, dass sie ihren Rückstand im September aufholen müssen. Wenn sie aber beide Spiele verlieren, sind sie ihrem Anspruch, bei großen Turnieren dabei zu sein, nicht gerecht geworden. Also Tschechien steht mit dem Rücken zur Wand. Deshalb werden die Tschechen versuchen, gegen uns zu punkten. Und in Nordirland müssen sie eigentlich gewinnen, ansonsten haben sie ihre WM-Chance vertan.“

Eine Niederlage gegen Deutschland, und die tschechische Mannschaft wird buchstäblich im Regen stehen. Soweit wollen es die Gastgeber aber nicht kommen lassen. Abwehrchef Marek Suchý jedenfalls verspricht:

„Wir wissen, dass uns ein ungemein schwerer Gegner erwartet. Wir sind jedoch entschlossen, uns zu wehren und etwas zu zeigen.“

Karel Jarolím  (Foto: ČTK)
Für den tschechischen Nationaltrainer Karel Jarolím steht es jedoch außer Frage: Um gegen den Weltmeister überhaupt eine Chance zu haben, müsse seine Mannschaft viele Dinge besser machen als im Hinspiel:

„In erster Linie müssen wir viel intensiver in der Abwehrarbeit zu Werke gehen. Vor allem aber dürfen wir nicht wieder solche individuellen Fehler machen wie in Hamburg. Die Deutschen haben uns für diese Fehler bestraft.“

So hat Tschechien das Hinspiel im Oktober vergangenen Jahres in Hamburg dann auch mit 0:3 deutlich verloren. Trotz dieser Schlappe und der klaren Vorzeichen, die vor dem Prager Spiel gegeben sind, vertraut Jarolím seinen Schützlingen. Und er sieht auch eine Chance, dem Favoriten einen Streich zu spielen. Obwohl ihm die Außenseiterrolle eigentlich gar nicht recht ist:

„Ich wäre eigentlich gerne Favorit. Damit hätte ich kein Problem. Leider ist dem nicht so. Es wird daher darauf ankommen, wie wir mit dem Druck umgehen, dass wir punkten müssen. Jeder meiner Spieler muss mindestens 110 Prozent geben. Die Grundlage ist eine starke Teamleistung, doch jeder muss auch noch etwas mehr leisten als sonst.“

Die Karten sind also klar verteilt, und die Frage wird sein: Wessen Trümpfe stechen besser? Und nach den 90 Minuten wird man neu bewerten, für wen denn nun die Sonne scheint, und wer im Regen steht.

Autor: Lothar Martin
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