Das Vermächtnis der Charta 77

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Die Charta 77 war das wichtigste Dokument der früheren politischen Opposition zu Zeiten des Kommunismus. Vor 40 Jahren wurde sie unterzeichnet. Aus diesem Anlass haben sich frühere Dissidenten vor kurzem in Prag zu einer Konferenz und zu einem gemeinsamen Abend getroffen. Und am Montag hat sich die tschechische Regierung zum Vermächtnis der Charta bekannt.

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Geht man nach den Reaktionen der Beteiligten, dann war es ein großes Ereignis. Insgesamt 300 sogenannte Chartisten sowie ihre Angehörigen kamen am Samstagabend im Prager Konzertsaal Lucerna zusammen. Bis zur Samtenen Revolution von 1989 hatte man sich lieber nicht gegenseitig kontaktiert. Sonst wäre womöglich die Staatssicherheit aufmerksam geworden. Unter Schikanen hatten trotzdem die meisten von ihnen zu leiden: Berufsverbot, Gefängnisstrafen, Ausbürgerungen.



Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag
Obwohl alle damals der Einsatz für die Menschenrechte geeint hat, kam in der Lucerna eine durchaus heterogene Gruppe zusammen: Linke wie Rechte, Konservative wie Alternative. Mikuláš Kroupa vom Verein Post bellum, der das Treffen organisiert hat:

„Der Text der Charta ist sehr interessant, weil er zu Zeiten eines verbrecherischen Regimes Menschen mit unterschiedlichen Ansichten, Einstellungen und Berufen zusammengeführt hat. Das war wirklich außergewöhnlich.“

Václav Malý  (rechts). Foto: ČTK
Genau darin sieht Bischof Václav Malý aber auch das Vermächtnis des Dokuments. 1981 war Malý einer von drei Sprechern der Charta.

„Heute ist die Lage anders, das politische System hat sich gewandelt. Die Charta liefert aber weiter Inspiration in dem Sinn, dass sich Menschen auch verständigen und einander zuhören können, selbst wenn sie unterschiedliche Ansichten haben. Und das, denke ich, gilt in jedem System und zu jeder Zeit. Für ein weiteres Vermächtnis halte ich, dass sich jeder Bürger seine eigene Verantwortung bewusst machen sollte.“

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Auch die heutige tschechische Regierung sieht sich den Ideen der Charta verpflichtet. Wie Premier Bohuslav Sobotka am Montag sagte, habe sich bei der Veröffentlichung des Dokuments am 6. Januar 1977 wohl kaum jemand die Bedeutung dieses Schrittes vorstellen können. Doch die Charta sei entscheidend gewesen für den Weg des Landes zurück zur Demokratie.

„Die tschechische Regierung hat heute eine Erklärung verabschiedet, in der wir den Mut der Chartisten gewürdigt haben und ihr Eintreten für die Rechte aller Bürger. Damit haben wir uns zur Tradition der Charta 77 bekannt, uns für die Bürger- und Menschenrechte in diesem Land einzusetzen“, so der Premier.

Daniel Kroupa  (Foto: ČTK)
Allerdings: Beim festlichen Abend am Samstag äußerten einige ehemalige Chartisten auch Kritik an der aktuellen Regierungspolitik, so der ehemalige Politiker und Philosoph Daniel Kroupa. Er kritisierte, das heutige Kabinett Sobotka würde sich immer mehr von der aktiven Durchsetzung der Menschenrechte abwenden.