Angst vor Wilderern: Zoo kürzt Nashörnern das Horn

Foto: ČTK

Der Tierpark in Dvůr Králové / Königinhof an der Elbe ist bekannt für seine Nashornzucht. Sie ist eine der größten der Welt. Nun aber hat man dort begonnen, den Rhinozerossen die Hörner kurz zu schneiden. Was steht hinter dieser drastischen Entscheidung? Und was bedeutet das für die Tiere?

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Als Erstes kam Breitmaulnashorn Pamir unter die Kettensäge. Am Montag wurde dem Bullen das Horn gekürzt. Dies habe weniger als eine Stunde gedauert und sei ohne Komplikationen verlaufen, hieß es. Für die Tiere sei das Abschneiden schmerzfrei, betont Zoodirektor Přemysl Rabas:

„In dem Horn sind keine Adern, keine Nervenstränge und kein Knochen. Man muss sich das so vorstellen, wie wenn auf der Haut des Nashorns eine große Warze gewachsen wäre. Und wie beim Haare- oder Nagelschneiden blutet der Eingriff nicht.“

Allerdings müssen die Tiere betäubt werden, dies ist laut Rabas der invasivste Moment des Eingriffs.

Mit 21 Tieren besitzt Dvůr Králové die größte Nashornzucht in Europa. Dass ihnen nun die Hörner abgeschnitten werden, liegt an einem Vorfall in Frankreich. Anfang März war im Zoo von Thoiry bei Paris ein Rhinozeros von Wilderern getötet worden. Sie stahlen sein Horn, um es zu verkaufen. Besonders in China und Vietnam werden dafür auf dem Schwarzmarkt horrende Preise gezahlt. Dort gilt das Horn als Heilmittel. Es soll fiebersenkend wirken und sogar Krebserkrankungen stoppen. Wissenschaftlich ist dies aber nicht bewiesen.

Přemysl Rabas  (Foto: Martin Kozák,  Public Domain)
Tatsächlich hat die Wilderei von Nashörnern seit rund zehn Jahren enorm zugenommen. 2007 waren in Afrika „nur“ drei Tiere aus diesem Grund getötet worden. Zuletzt waren es aber 1300 im Jahr. Mittlerweile sind die Banden auch in Europa aktiv. Sie haben zum Beispiel in zahlreichen Ländern ausgestopfte Nashornschädel geräubert. Aber auch die Rhinozerosse in den Zoos sind in Gefahr, wie Přemysl Rabas erläutert:

„Vor einigen Jahren hat der britische Geheimdienst bereits den Angriff von Wilderern auf einen Tierpark in Kent verhindert. In Frankreich ist es aber dazu gekommen, dass ein Tier getötet wurde. Über uns hören die Wilderer nun, dass sie nicht an die Hörner herankommen. Mit dieser präventiven Maßnahme senken wir das Risiko eines Angriffs auf unseren Zoologischen Garten.“

Denn selbst hierzulande ist das Risiko keineswegs theoretischer Natur. Laut Polizei und Zoll schmuggeln Verbrecherbanden die Hörner auch über Tschechien nach Ostasien.

Nach der Entscheidung in Dvůr Králové erwägen weitere europäische Tiergärten dasselbe Vorgehen.

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„Wir sind Mitglied des Europäischen Verbandes der Zoos und Aquarien. Und der Koordinator der europäischen Nashorn-Zucht hat allen Tiergärten freigestellt, so zu handeln oder nicht“, sagte Zoodirektor Rabas gegenüber dem Tschechischen Fernsehen.

Einige der Nashörner in Dvůr Králové werden aber auch weiter ihre Hörner behalten:

„Das ist beispielsweise beim alten Bullen Natal der Fall, er reibt seine Hörner selbst ab. Und das betrifft die mehrere Monate alten Jungen. Ansonsten verlieren aber alle Tiere ihre Hörner, deswegen dürfte dies nicht die Beziehungen in der Nashorn-Gruppe beeinträchtigen.“

Die Hörner wachsen im Übrigen nach, wenn auch nur wenige Zentimeter im Jahr. Sollte sich die Gefahr der Wilderei legen, dann könnten die neuen Hörner der Rhinozerosse in Ostböhmen vielleicht auch wieder bleiben, so Přemysl Rabas.

Autor: Till Janzer
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