Weiße Tiger aus Liberec krönen beeindruckende Saison mit Titelgewinn

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In der Prager O2-Arena wurde am Sonntagabend groß gefeiert, und zwar der neue Meister der tschechischen Eishockey-Extraliga. Es waren jedoch nicht die Gastgeber des HC Sparta Prag, die ausgelassen jubeln konnten, sondern die Gäste aus dem nordböhmischen Liberec / Reichenberg.

Bílí Tygři Liberec  (Foto: ČTK)
Das tschechische Eishockey hat einen neuen Landesmeister. Einen würdigen Meister. Der neue Champion sind die Bílí Tygři Liberec. So heißt der Club aus der nordböhmischen Großstadt seit dem 21. August 2000, als er noch zweitklassig war. Doch schon zwei Jahre später, am Ende der Saison 2001/2002, stiegen die Weißen Tiger ins Oberhaus auf. In den Jahren 2006 und 2007 setzten sie erste Ausrufezeichen, indem sie die Hauptrunde jeweils als Erste beendeten, doch in den anschließenden Playoffs scheiterten sie frühzeitig im Viertel- beziehungsweise Halbfinale. In dieser Saison aber waren sie klar die Besten.

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Es begann mit der eindrucksvollen Hauptrunde, in der die Blau-Weißen 41 der insgesamt 52 Punktspiele gewannen und damit 118 Punkte erkämpften. Beide Werte sind neue Ligarekorde und ein deutlicher Beleg für die Dominanz der Jeschkenstädter in dieser Saison. Sie demonstrierten diese dann auch in den Playoffs. Die ersten beiden Gegner, Piráti Chomutov und BK Mlada Boleslav, fertigten sie jeweils mit einem Sweep ab, das heißt, sie gewannen die Serie ohne Niederlage. In der Finalserie aber wartete mit Sparta Prag der härteste Kontrahent. Die Prager fügten den Tigern gleich zum Auftakt eine 1:3-Heimniederlage zu, es war die erste Pleite nach 14 Siegen in Folge. Nach drei Partien lagen die Hauptstädter mit 2:1 Siegen vorn, dann aber wendete sich das Blatt. Die Mannschaft von Trainer Filip Pešan gewann die Duelle vier und fünf und hatte so am Sonntag die Chance, die großartige Saison mit dem Titelgewinn zu veredeln. Nach der regulären Spielzeit von 60 Minuten stand es jedoch 1:1, deshalb ging es in die Verlängerung.

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Auch nach dem ersten Drittel der Overtime hatte sich nichts geändert. Gut fünf Minuten später, zu Beginn der 86. Spielminute, aber war es dann soweit: Nach einem Konter der Gäste zappelte der Puck plötzlich im Sparta-Gehäuse – danach kannte der Jubel bei den Spielern von Liberec und ihren weißgekleideten Fans keine Grenzen mehr.

Siegtorschütze Martin Bakoš konnte es auch Minuten später kaum begreifen, dass sein Schuss in den rechten Winkel des Sparta-Tores der krönende Abschluss einer für Liberec märchenhaften Saison war:

„Es ist wirklich großartig: Die zweite Verlängerung, ich entscheide das Spiel nach einer tollen Saison für uns – einfach wunderbar.“

Filip Pešan: „Es wurde davon gesprochen, dass Liberec in der gesamten Saison keine einzige Krise hatte. Das stimmt so nicht, denn auch wir hatten Krisen – so wie jedes Team. Doch die Jungs haben die Probleme immer wieder unter sich in der Kabine gelöst, und der Titel ist nun der Lohn dafür.“

Bakošs Teamkollege, der tschechische Nationalspieler Radim Šimek, äußerte seine Begeisterung noch etwas nachhaltiger:

„Das ist ein unglaubliches Gefühl. Ich habe die ganze Saison davon geträumt und bin sehr froh, dass wir es geschafft haben, den Titel zu holen. Denn solch eine tolle Truppe, wie wir sie haben, hat es in Liberec seit Jahren nicht mehr gegeben.“

Doch auch die tolle Truppe aus Liberec war nicht frei von Fehlern. Das erste Spiel in Prag – also das dritte Duell der Finalserie – verloren die Weißen Tiger deutlich mit 1:4. In dieser Begegnung machten sie einfach zu viele Fouls, was Sparta in die Karten spielte. Die Prager nutzten die Zeitstrafen der Gäste zu drei Überzahltoren. Šimek hatte das Verhalten der Mannschaft bereits kurz nach dieser Partie als „große Dummheit“ bezeichnet, nach dem Sieg im sechsten Spiel bekannte er dann auch, dass die Reaktion des Teams auf diese Niederlage von entscheidender Bedeutung war:

„Ich denke, dass die Serie durch das vierte Spiel in Prag zu unseren Gunsten entschieden wurde. Ich habe schon da gesagt: Wer das vierte Match gewinnt, der gewinnt auch den Titel, und das ist dann eingetreten. Jetzt haben wir den Pokal, und das ist einfach schön.“

Filip Pešan  (Foto: Archiv HC Bílí Tygři Liberec)
Nach der dritten Begegnung hatte Trainer Filip Pešan seinen Mannen im Prager Hotel noch einmal eindringlich ins Gewissen geredet und betont, dass man ohne Disziplin nichts gewinnen könne. Dies haben seine Spieler dann auch beherzigt. Dennoch macht Pešan den Erfolg nicht nur allein an diesem Wandel fest:

„Bei der Aussprache im Hotel wurde der Grundstein gelegt, denn danach zeigte das Team einen noch größeren Zusammenhalt. Und sehr wichtig war natürlich auch der fünfte Vergleich bei uns in Liberec.“

Den gewannen die Tiger nach packendem Spielverlauf mit 4:3. Im Nachgang räumte Pešan dann auch mit einer Vermutung auf, die viele Experten aufgrund der Dominanz von Liberec immer wieder von sich gegeben hatten:

„Es wurde davon gesprochen, dass Liberec in der gesamten Saison keine einzige Krise hatte. Das stimmt so nicht, denn auch wir hatten Krisen – so wie jedes Team. Doch die Jungs haben die Probleme immer wieder unter sich in der Kabine gelöst, und der Titel ist nun der Lohn dafür.“

Mit seinen 38 Jahren ist Filip Pešan ein sehr junger Trainer. Doch gleich in seiner ersten kompletten Saison als sportlicher Leiter der Weißen Tiger demonstrierte er, dass er progressiv denkt und viele neue Ideen einbringen kann. Und seine engagierte Arbeit hat sehr schnell Früchte getragen, bestätigt Manager Ctibor Jech:

Ctibor Jech: „Das Programm, das Trainer Pešan vor der Saison vorgelegt hatte, wurde gebilligt, und von diesem wurde während der ganzen Saison keinen Fußbreit abgewichen. Das war der Schlüssel zum Erfolg: neue Ideen, ein neuer Arbeitsstil und die konsequente Durchsetzung der Neuheiten.“

„Das Programm, das Trainer Pešan vor der Saison vorgelegt hatte, wurde gebilligt, und von diesem wurde während der ganzen Saison keinen Fußbreit abgewichen. Das war der Schlüssel zum Erfolg: neue Ideen, ein neuer Arbeitsstil und die konsequente Durchsetzung der Neuheiten.“

Die Erfahrungen der Vergangenheit hatten die Verantwortlichen in Liberec gelehrt, dass sich etwas ändern musste, wenn man seinen großen Zielen nicht ständig hinterherlaufen wollte. Und so seien auch die bitteren Stunden vergangener Jahre ein Baustein für den heutigen Erfolg, konstatiert Jech:

„Sowohl aus den guten Saisons der Vergangenheit, über die wir uns gefreut haben, als auch aus den weniger erfreulichen Spielzeiten haben wir die entsprechenden Lehren gezogen.“

Als Lohn dafür konnten die Spieler, Trainer, Betreuer und Verantwortlichen der Bílí Tygři Liberec am Sonntagabend in der Prager O2-Arena nun endlich auch den Moment genießen, auf den sie so viele Jahre lang hingearbeitet hatten – den Empfang des Masaryk-Pokals für den tschechischen Eishockeymeister. Kapitän Jan Výtisk und Clubchef Petr Syrovátko nahmen ihn aus den Händen von Ligaleiter Josef Řezníček entgegen.

Autor: Lothar Martin
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