Tschechien startet in Moskau mit zwei Siegen in die Eishockey-WM

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Die Augen der tschechischen Sportfans richteten sich am zurückliegenden Wochenende größtenteils nach Moskau, um via TV oder Internet zu verfolgen, wie ihre Eishockey-Nationalmannschaft in die laufende WM startet. Mit zwei Siegen ist ihr das bestens geglückt. Vor der eigenen Haustür aber konnte man am Sonntag ebenso großen Sport bewundern, denn zum 22. Prag-Marathon traten weit über 10.000 Läuferinnen und Läufer in der Hauptstadt an.

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In das Turnier der 80. Eishockey-Weltmeisterschaft in Russland ist die tschechische Nationalmannschaft mit zwei Siegen gestartet. In ihrem Auftaktspiel bezwangen die Schützlinge von Cheftrainer Vladimír Vůjtek am Freitag in Moskau das Team des Gastgebers überraschend deutlich mit 3:0, einen Tag später ließen sie einen 4:3-Sieg über Lettland folgen, der allerdings erst im Penalty-Schießen erzwungen wurde. Fünf Punkte nach zwei Begegnungen, das ist sehr erfreulich, findet auch Angreifer Petr Koukal:

„Bei uns herrscht Zufriedenheit. Vor Turnierbeginn hätten wir diese Ausbeute dankend angenommen. Uns haben vor allen die drei Punkte aus dem Sieg über Russland sehr geholfen.“

Dominik Furch  (Foto: ČTK)
So einfach, wie es das klare Resultat von 3:0 ausdrückt, sei der Erfolg über die favorisierte Sbornaja allerdings nicht zustande gekommen, so Koukal. Im Gegenteil, besonders in der Phase kurz nach der Spielhälfte machten die Russen ordentlich Dampf. Da kam auch Torwart Dominik Furch, der alle 25 Torschüsse der Gastgeber parierte, mächtig ins Schwitzen:

„Das größte Tohuwabohu haben die Russen im zweiten Drittel veranstaltet, als sie uns mindestens zwei Minuten lang im eigenen Drittel eingeschnürt haben. In dieser Spielphase haben sie zudem die Torstange getroffen.“

Die eben geschilderte Druckperiode der russischen Mannschaft dauerte tatsächlich sogar fast drei Minuten. In dieser Zeit brachten die Hausherren im fliegenden Wechsel ständig frische Kräfte aufs Eis, während die fünf tschechischen Feldspieler durchhalten mussten. Das ging richtig an die Substanz, bestätigt Verteidiger Radim Šimek:

Vladimír Vůjtek  (Foto: ČTK)
„Bis zum Ende meines Lebens werde ich diese dreiminütige Eiszeit nicht vergessen, als uns die Russen eingeschnürt haben. Mir wurde schon schwarz vor den Augen, so matt war ich.“

Weil die Tschechen aber auch diese schwere Phase ohne Gegentreffer überstanden, gingen sie nach 60 Minuten als verdiente Sieger vom Eis. Während nicht wenige Experten in diesem Moment verwundert den Kopf schüttelten, zeigte sich Trainer Vůjtek darüber gar nicht so erstaunt:

„Wir haben ein solches Spiel erwartet, denn unsere Mannschaft ist aus Spielern zusammengestellt, die kämpfen und dabei physisch das Maximum aus sich herausholen können. Doch gegen die auf dem Papier schwächeren Gegner, die sich gegen uns einigeln, tun wir uns schwerer.“

Partie mit Lettland  (Foto: ČTK)
Und das bewahrheitete sich bereits gut 20 Stunden später in der Partie mit Lettland. Nach einer frühen 2:0-Führung kamen die Tschechen noch arg in Bedrängnis, denn zweieinhalb Minuten vor der Sirene des dritten Drittels hatten die Letten die Begegnung auf 3:2 zu ihren Gunsten gedreht. Durch einen Treffer von Michal Řepík in der Schlussminute und den erfolgreichen Abschluss von Lukáš Kašpar im Penaltyschießen aber hatten die Tschechen dann doch das bessere Ende für sich. Auch Vůjtek konnte danach durchatmen:

„Als wir das dritte Gegentor bekamen, habe ich mir gesagt, alle Mühen waren umsonst und uns entgleiten die schon sicher geglaubten Punkte. Dann haben wir jedoch noch ein Tor erzielt und den Erfolg wieder auf unsere Seite gezogen.“

Doch selbst die Schweden haben gegen die Letten einen Punkt verloren, während Russland auch in seinem zweiten Spiel gegen Außenseiter Kasachstan erhebliche Mühe hatte. Für Vůjtek kommen die Probleme der Favoriten nicht von ungefähr:

Michal Kempný: „Wir sind eine tolle Truppe mit Kapitän Tomáš Plekanec an der Spitze. Bisher stimmt die Chemie im Team. Und wie wir die ersten beiden Spiele gemeistert haben, zeugt von unserer Moral. So wollen wir weitermachen.“

„Das ist den vorläufigen Aufgeboten der Mannschaften geschuldet. Die Russen haben ihren Kader noch nicht komplett, und auch die Schweden haben nicht alle Spieler aus der NHL bekommen, mit denen sie gerechnet haben. Dadurch treten im Grunde genommen derzeit viele Mannschaften nur mit Akteuren an, die in europäischen Ligen spielen, und zwar die stärkeren wie auch die sogenannten schwächeren Teams. Die Qualität auf dem Eis ist somit ausgeglichen.“

Die tschechische Mannschaft ist ähnlich aufgestellt. Im Team befinden sich nur drei Cracks, die in der NHL unter Vertrag stehen, dafür aber gleich 13 WM-Neulinge. Trotzdem glaubt Verteidiger Michal Kempný fest daran, dass er und seine Teamkollegen bei dieser Weltmeisterschaft nicht chancenlos sind:

„Ich denke, wir sind eine tolle Truppe mit Kapitän Tomáš Plekanec an der Spitze. Wenn wir in ein kleines Loch fallen, ergreift Plekanec sofort das Wort und richtet uns alle wieder auf. Bisher stimmt die Chemie im Team. Und wie wir die ersten beiden Begegnungen gemeistert haben, zeugt von unserer Moral. So wollen wir auch weitermachen.“


Skiläuferin Vrabcová Nývltová schafft bei Prag-Marathon Olympianorm für Rio

Eva Vrabcová Nývltová  (Foto: ČTK)
Eine Kämpferin ist auch Eva Vrabcová Nývltová. Als Juniorin gewann die Skilangläuferin vier WM-Medaillen und wurde daher als große tschechische Zukunftshoffnung gehandelt. Der Durchbruch bei den Erwachsenen aber wollte und wollte nicht gelingen. Dann endlich das große Ausrufezeichen: Bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi belegte sie einen hervorragenden fünften Platz über 30 Kilometer im freien Stil. Doch gleich darauf kam der Rückschlag: Eva Vrabcová Nývltová erkrankte an einer rätselhaften Virusinfektion, nahm viermal in kurzer Folge Antibiotika und kam so auch in der nacholympischen Saison nicht in Tritt. Dabei hatte sie gerade eine Zusammenarbeit mit der Skilanglauf-Olympiasiegerin von Turin, Kateřina Neumannová, vereinbart. Als Neumannová sie dann zum Ende der Saison trainierte, musste sie von der zweifachen Weltmeisterin schließlich erfahren, dass sie für den Skilanglauf zu wenig Muskelmasse habe. Ein gewichtiger Grund dafür sei ihr Leichtathletik-Training im Sommer, das sich mit dem Skilaufen nicht vereinbaren lasse. Kurz vor Weihnachten kam noch ein zweiwöchiger Krankenhausaufenthalt hinzu, bei dem die Ärzte feststellten, dass ihr Körper keine Sacharide verbrenne und ihre physische Schwäche neben der Virusinfektion auch auf Störungen in ihrem Stoffwechsel zurückzuführen sei.

Prag-Marathon  (Foto: ČTK)
Aus diesem Befund zog die 30-Jährige mittlerweile die Konsequenzen. Sie hat indes nicht nur ihre Ernährung umgestellt, sondern auch die Meinung von Kateřina Neumannová hinterfragt: Ist ihr wenig muskulärer Körper vielleicht besser für die Leichtathletik geeignet? Eine erste Bestätigung dafür lieferte ihr Anfang April dieses Jahre der Prager Halbmarathon, bei dem sie unter den Frauen Zehnte wurde mit ihrer Zeit und nur ganz knapp am tschechischen Landesrekord vorbeischrammte. Das steigerte ihre Vorfreude auf den 22. Prag-Marathon, der am vergangenen Wochenende bei guten äußeren Bedingungen ausgetragen wurde. Eva Vrabcová Nývltová aber genoss nicht nur das sonnig frühlingshafte Wetter und die Unterstützung der Zuschauer am Straßenrand, sondern kam als beste europäische Läuferin hinter fünf Afrikanerinnen schon als Sechste ins Ziel. Und das mit dem neuen tschechischen Rekord von 2:30:10 Stunden! Entsprechend gutgelaunt und glücklos schilderte die zierliche, nur 50 Kilogramm schwere Läuferin nachher ihr Rennen:

Lawrence Cherono  (Foto: ČTK)
„Bis zu Kilometer 25 war es phantastisch, denn ich lief im Windschatten von mehreren Männern, was mir sehr geholfen hat. Dafür einen Riesendank! Danach aber musste ich leider alleine laufen, und wenn dann der Wind direkt von vorn kam, war es sehr unangenehm.“

Dennoch schaffte die Tschechin die neue Landesrekordzeit und damit auch die Olympianorm. Dazu half ihr letztlich auch die Armbanduhr, die sie ursprünglich beim Lauf nicht tragen wollte:

„Ich wollte nach Gefühl laufen und bin es dann auch, zur Sicherheit aber habe ich die Uhr mitgenommen. Schließlich war ich ganz froh, sie bei mir zu haben, denn als ich nach der ersten Rennhälfte ziemlich für mich allein lief, habe ich ab und zu auf die Uhr geschaut und mir gesagt: ´Jo, das Tempo ist gut, das könnte etwas werden´. Und das ist es am Ende dann auch.“

Lucy Karimi  (Foto: ČTK)
Nun erwartet Eva Vrabcová Nývltová nach den beiden zuletzt völlig verkorksten Skilaufsaisons im Winter urplötzlich ein unerwartetes Glücksmoment für diesen Sommer – sie wird bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro im Marathon starten. Den Marathon von Prag haben übrigens der Kenianer Lawrence Cherono und dessen Landsfrau Lucy Karimi gewonnen. Sie waren die jeweils Besten unter den insgesamt 10.600 Teilnehmern.

Autor: Lothar Martin
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