Lauftalent Malíková will Leichtathletik-Geschichte schreiben

Barbora Malíková (Foto: YouTube)

Bei der bevorstehenden Leichtathletik-Europameisterschaft in Berlin wird das tschechische Team wieder einige Medaillenaspiranten am Start haben. Neben den Arrivierten ist aber auch so manches Talent darunter. Eines davon stellen wir Ihnen heute näher vor: die Läuferin Barbora Malíková.

Barbora Malíková  (Foto: YouTube)
Die historische Stadt Györ im Nordwesten Ungarns war vom 5. bis 8. Juli Schauplatz der 2. Leichtathletik-Jugendeuropameisterschaften. Bei diesen Titelkämpfen trumpfte auch eine junge Tschechin auf, die schon ein Jahr zuvor große Hoffnungen geweckt hatte: die Läuferin Barbora Malíková. Ihre Paradedisziplin ist die 400-Meter-Strecke, und auf dieser eroberte sie am Sonntag die Goldmedaille:

„Ich wollte eine neue persönliche Bestzeit laufen. Ich wusste jedoch nicht, ob mir dies bei den Bedingungen auch gelingen kann, denn die Hitze von Györ war anstrengend. Doch am Ende hat es geklappt“,

freute sich die 16-Jährige nach dem Lauf. Sie gewann ihn in 52,66 Sekunden. Mit dieser Zeit verbesserte sie nicht nur ihren eigenen nationalen Nachwuchsrekord um acht Hundertstel, sondern erfüllte gleichzeitig die Norm für eine Teilnahme an der Europameisterschaft der Top-Sportler in Berlin. In den vergangenen drei Jahren lief zudem keine andere tschechische Athletin schneller die Stadionrunde. Malíková leitet sich daraus indes keine konkreten Ziele ab:

„Ich denke nicht darüber nach, was ich in Zukunft gewinnen könnte oder so. Mein Ziel ist es vielmehr, mich so gut es nur geht, in die Geschichte der Leichtathletik einzuschreiben. Man wird sehen, ob mir das gelingt.“

Bisher gelingt dies der zierlichen Athletin aus dem mährisch-schlesischen Opava / Trottau sehr gut. Im vergangenen Jahr holte Malíková Gold bei der U-18-Weltmeisterschaft in Nairobi, und das mit gerade einmal 15 Jahren! In der kenianischen Metropole zeigte sie also bereits, was für ein riesiges Talent sie ist.

„Beim Rennen vergangenes Jahr in Kenia konnte ich ehrlich gesagt ganz locker und frei laufen. Von mir wurde nichts erwartet und auch die äußeren Bedingungen waren für mich angenehmer. Hier in Györ war es schwieriger“, vergleicht Malíková ihre bisher größten Glücksmomente.

In der Donaustadt war es in der Tat mehrere Grad wärmer als in Nairobi. Die junge Tschechin hat in diesem Jahr aber ebenso schon gezeigt, dass sie neben der 400-Meter-Flachstrecke auch auf der doppelten Distanz ganz gut mithalten kann. Bei den Landesmeisterschaften der Junioren lief sie die 800 Meter und gewann das Rennen in der neuen tschechischen Rekordzeit von 2:03,51 Minuten. Bei der Jugend-EM in Györ hätte diese Zeit für Gold gereicht. Dennoch verschwendet Barbora Malíková noch keine ernsthaften Gedanken daran, nun auch die Mittelstrecke fest ins Visier zu nehmen:

Barbora Malíková: „Ich denke nicht darüber nach, was ich in Zukunft gewinnen könnte oder so. Mein Ziel ist es vielmehr, mich so gut es nur geht, in die Geschichte der Leichtathletik einzuschreiben. Man wird sehen, ob mir das gelingt.“

„Ich habe die 800-Meter-Strecke nicht so gern. Da muss ich die Stadionrunde zweimal laufen, und das sehr schnell. Die 400 Meter aber liegen mir. Das ist nur eine Runde, und die quält man sich irgendwie durch.“

In Ungarn hat sich Malíková auf die 400 Meter konzentriert und damit alles richtig gemacht. Denn im Alter von nur 16 Jahren darf sie sich nun schon mit zwei internationalen Titeln schmücken: Sie ist die amtierende Jugend-Welt- und Europameisterin im Lauf über die Stadionrunde.

Noch weiß man nicht allzu viel über das neue Ausnahmetalent der tschechischen Leichtathletik. In einem Gespräch für die Homepage des nationalen Leichtathletik-Verbandes aber äußerte sie sich unter anderem auch darüber, wie alles begonnen hat. Demnach habe sie es vor allem ihren Eltern zu verdanken, dass sie als Kind zur Leichtathletik gekommen sei. Mutter und Vater habe es nicht gefallen, dass sie in ihrer Freizeit immer nur gesessen und dabei gezeichnet oder modelliert habe. In der vierten Klasse hätte man sie zum Sport geschickt, schildert Malíková in dem Interview. Sie selbst hätte lieber Kampfsport betrieben, doch den Eltern erschien die Leichtathletik die bessere Lösung, weil dieser Sport keine so hohe Verletzungsgefahr in sich berge. Im Sportunterricht hatte Barbora schon vorher das Laufen gefallen, egal ob über eine gerade Distanz oder die Hürdenstrecke. Und damit war klar: Aus ihr wird eine Leichtathletin.

Foto: annca,  Pixabay / CC0
Im Training zeigte Malíková schon früh Fortschritte. Das lag und liegt auch an ihrer Einstellung. „Ich will alles hundertprozentig machen und auch keine Elemente auslassen, die anderen als überflüssig erscheinen“, sagte die 16-Jährige in dem Interview. Zu Beginn ihrer Sportkarriere aber musste sie sich mit der ganzen Vielfalt der Leichtathletik auseinandersetzen. Sie trainierte den für sie weniger attraktiven Vierkampf beziehungsweise Fünfkampf. Dort verdarb sie sich regelmäßig ein gutes Ergebnis durch schlechte Wurfleistungen. Später war es vor allem der Hürdenlauf, der ihr im Wege stand, und dessen schlechte Punktausbeute sie stets durch gute Laufleistungen kompensieren musste. Viel mehr gefiel ihr da schon die Kombination aus den Läufen über 60, 150 und 300 Meter.

Nun wussten also auch die Trainer genau Bescheid, wo Barboras großen Stärken und Schwächen liegen. Seit vergangenem Herbst hat die junge Athletin nun indes ein anderes, wenn auch kleineres Problem. Sie ist von der Grundschule auf ein Gymnasium gewechselt, bei dem die schulischen Ansprüche nun weit höher liegen. Besonders die Zeichnungen in ihrem fachlichen Spezialgebiet, die sie häufig anzufertigen habe, seien sehr zeitintensiv, erläutert Malíková. Ihre Freizeit sei daher knapp bemessen, doch in allem, was sie tue, kämen ihr die Eltern, die Trainerin und die Lehrer sehr entgegen, beteuert der junge Teenie-Star. Und wer weiß, vielleicht geht ihr ganz großer Stern noch in diesem Sommer auf. Falls der tschechische Verband sie für die Europameisterschaft nominiert, hat sie sicher keine schlechten Karten. Denn auch da kann sie nur überraschen. In einigen Tagen wird man es wissen, denn die EM wird vom 7. bis 12. August in Berlin ausgetragen.

Autor: Lothar Martin
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