Paris und Prag – der Maler Miloslav Troup

Porträt von Jackie Kennedy (Foto: Archiv von Zdeněk Troup, Gesellschaft TROUP 2017)

Immer noch lassen sich selbst posthum Künstler neu entdecken. Dazu gehört auch der tschechische Maler Miloslav Troup.

Miloslav Troup  (Foto: Kristýna Maková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag)
Für Miloslav Troup war Paris der wohl wichtigste künstlerische Ort. Zunächst studierte er zwar an der Prager Kunstgewerbeschule. Doch dann zog es ihn in die Stadt an der Seine. Zdeněk Troup ist der Neffe des Malers und kümmert sich zusammen mit weiteren Familienmitgliedern um das Andenken an seinen Onkel:

„Er beendete gerade sein Studium an der Kunstgewerbeschule und erhielt 1945 ein Stipendium der französischen Regierung. Miloslav Troup ist also legal nach Paris gegangen und hat dort an zwei renommierten Institutionen studiert.“

Es waren die Kunstschulen École des Beaux Arts und École des Beaux Arts Décoratifs. Seine Lehrer hießen Maurice Brianchon und François Desnoyer.

Briefwechsel mit Braque

Georges Braque  (Foto: Public Domain)
Dies bedeutete den Beginn einer viel versprechenden Karriere. Miloslav Troup machte sich schnell einen Namen, den auch die Größen der Kunst kannten:

„Er hat eine ganze Reihe bedeutender Ateliers besucht – das von Picasso, von Chagall oder von Braque. František Kupka war regelmäßig bei Troup, sie haben sich auch Briefe geschrieben. Dasselbe gilt für Georges Braque, der meinen Onkel sogar mit ‚Werter Meister‘ angesprochen hat. Das sagt schon einiges aus“, so Zdeněk Troup.

Doch 1949 traf Miloslav Troup eine fatale Entscheidung, wie sein Neffe meint:

„Sein Lebensfehler war, dass er sich zur Rückkehr in seine Heimat entschloss. Er brach den vielversprechenden Karrierebeginn in Paris ab und kam in die bereits kommunistisch beherrschte Tschechoslowakei zurück. Miloslav Troup hat sich wohl nicht vorstellen können, wie schwer diese Entscheidung wiegen würde. Der Grund für die Rückkehr war das, wofür es im Deutschen ein treffendes Wort gibt: Heimweh.“

Kurz zuvor waren drei seiner Geschwister aber bereits vor den Kommunisten geflohen. Als sie von Miloslav Troups Remigration hörten, schrillten bei ihnen die Alarmglocken.

„Zwei seiner Brüder stiegen in den Zug, mit dem Troup zurückfuhr. Die ganze Strecke von der französischen bis zur tschechoslowakischen Grenze redeten sie auf ihn ein und versuchten ihn umzustimmen. Doch er war fest entschlossen. Die Brüder stiegen unverrichteter Dinge an der Grenze aus – es war das letzte Mal, dass sie sich gesehen haben“, erzählt Zdeněk Troup.

Folgenreiche Rückkehr

Zdeněk Troup  (Foto: Ondřej Tomšů)
Für Miloslav Troup gestaltete sich der Neubeginn in seiner Heimat zu Anfang ziemlich schwierig. Seine Bilder waren von der Pariser Moderne beeinflusst, der École de Paris. Und dies widersprach der herrschenden Doktrin, vor allem während der stalinistischen Phase des Regimes. Sozialistischer Realismus war die geforderte Stilrichtung. Sein Onkel habe sich aber niemals beschwert oder über sein – ohnehin selbstgewähltes – Schicksal beklagt, sagt Zdeněk Troup:

„Das war nicht sein Gemüt. Er hatte keine Feinde, sondern hat mit seiner freundschaftlichen Art viele Verbündete in Verlagen und Redaktionen gewonnen. Dort hielten sich hier und dort noch vernünftige Menschen, die geschmackvolle Kunst förderten. Über diese Verbindungen und Freundschaften kam Miloslav Troup an Aufträge für Illustrationen heran. Das ermöglichte ihm das Überleben. Und nebenbei konnte er in freier Beschäftigung weiter malen. Das machte er in seinem Prager Atelier in der Veleslavín-Straße. Auch wenn die Illustrationen sein Einkommen ermöglichten, fühlte er sich immer als Maler. Das blieb für ihn das Wichtigste.“

Märchenbuch von Vladimír Houpach und Miloslav Troup  (Foto: Verlag Aventinum)
In den 1960er Jahren kommt es auch in der kommunistischen Tschechoslowakei zu einer Tauwetterperiode. Zunächst verhilft dies Miloslav Troup zu Erfolgen mit seinen Illustrationen. Besonders seine Märchenbücher zusammen mit dem Autor Vladimír Hulpach werden in viele Sprachen übersetzt. Auf Deutsch erscheinen sie im Dausien-Verlag in Hanau. Und 1966 erhält er bei der Buchmesse in Frankfurt den Unseco-Preis für die beste Buchillustration.

Aber auch seine Bilder kann der Maler nun erstmals wieder zeigen. Darunter auch jene aus der Pariser Zeit:

„Vor seiner Rückkehr in die Tschechoslowakei war ihm versprochen worden, er dürfe im Museum der Kunstgewerbeschule ausstellen. Miloslav Troup organisierte also den Transport seiner Werke in die Tschechoslowakei. Dafür mietete er einen ganzen Eisenbahnwaggon. Die Ausstellung kam letztlich doch nicht zustande, aber wir als seine Familie sind deswegen heute im Besitz der meisten Werke, die er in Paris gemalt hat. Allerdings hat er auch einige Bilder dort verkauft, sie sind zum Teil in Galerien zu sehen“, schildert der Neffe des Malers.

Porträtbild der jungen Jackie Kennedy

Porträt von Jackie Kennedy  (Foto: Archiv von Zdeněk Troup,  Gesellschaft TROUP 2017)
Die Bilder sind von Fauvismus und Kubismus beeinflusst. In der Pariser Zeit zeigen sie beispielsweise Gaukler, Händler oder Sängerinnen auf dem Markt – also Menschen eher am Rande der Gesellschaft. Aber nicht nur. Ein Bild hat eine interessante Geschichte. Es ist ein Porträt, angeblich von Jackie Kennedy, die damals noch Jacqueline Le Bouvier hieß. Zdeněk Troup:

„Miloslav Troup hatte eine sehr enge Eheverbindung. Er hat uns – also den Neffen und der Familie – nichts von dieser Beziehung erzählt. Aber damals war auch der Maler und Restaurateur František Šubert in Paris. Später erzählte Šubert überall, dass Ende der 1940er Jahre eine 19-jährige amerikanische Studentin von der Sorbonne bei der tschechischen Künstlergemeinde in Paris ein- und ausgegangen sei. Es gab wohl so eine Art Wettstreit um sie. Und Šubert sagte, dass gerade Miloslav Troup sie gemalt und gut gekannt habe. Das ist zwar nur eine indirekte Zeugenschaft. Aber das genannte Bild befindet sich in unserem Nachlass. Und zeitlich stimmt die Geschichte mit den Fakten überein. Jackie Kennedy hat als 19-Jährige wirklich an der Sorbonne studiert.“

Doch zurück an die Moldau. In seinem Prager Atelier malt Miloslav Troup Bilder mit unterschiedlichen Themen. Dazu gehören selbst religiöse Szenen, und das mitten im Kommunismus. Vor Farben und Formen bersten aber besonders seine Bilder aus Prag. Zu sehen sind die Karlsbrücke, der Veitsdom und weitere Orte der Stadt. Ähnlich sind die Gemälde aus Südböhmen, das er ebenfalls sehr mag.

Foto: Archiv von Zdeněk Troup,  Gesellschaft TROUP 2017
Als er nach dem Fall des Eisernen Vorhangs auch wieder in den Westen reisen kann, fährt Troup gerne nach Italien, zum Beispiel nach Mailand. Nur Paris besucht er nie mehr wieder:

„Weil er 40 Jahre lang nicht mehr nach Paris reisen konnte, hat er sich davon bewusst abgekoppelt. Es wäre für ihn wohl zu schmerzhaft gewesen. Das ist schon eine traurige Sache“, meint der Neffe.

Was blieb, war der Einfluss der Pariser Moderne – auch auf sein künstlerisches Leben in der Tschechoslowakei. Zdeněk Troup:

„Auch wohl deswegen nennen ihn die Kunsthistoriker einen der hervorragendsten Vertreter der Pariser Schule nördlich der Alpen. Er ist ein fehlendes Glied in der Entwicklung der modernen tschechischen Malerei.“

Erstaunlich ist jedoch, dass Troups Malerei zwar in gewisser Weise in seiner Heimat bekannt war. Aber eine entsprechende Anerkennung habe er bis zu seinem Tod im Jahr 1993 nicht erfahren, findet sein Neffe:

Ausstellung: Miloslav Troup 100 let

Ort: Obecní dům (Gemeindehaus) in Prag

Zeit: noch bis 15. September

Öffnungszeiten: täglich 10 bis 19 Uhr

„Miloslav Troup hatte eine Eigenschaft, die seinen Ruhm verhindert hat: Er war sehr bescheiden. Er ist ungern in große Gesellschaft gegangen. Stattdessen hat er sehr konzentriert in seinem Atelier unterm Dach in der Veleslavín-Straße gearbeitet. Dorthin kamen aber auch immer seine Freunde. Wenn man dort hochging, herrschte so eine unglaublich freie Atmosphäre, und das inmitten der bleiernen Zeit der sogenannten Normalisierung in den 1970er Jahren. Man konnte frei diskutieren, Miloslav Troup war sehr gewandt in den Diskussionen. Zudem war er ein guter Gastgeber, es gab Kaffee und Wein. Aber in die damaligen Malerkreise ist er nicht gegangen.“

Autor: Till Janzer
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