Literarische Bahnfahrt, Schmuck als Kunst und Musik des Mittelalters

Guillaume de Machaut (ganz rechts)

Eine Bahnfahrt mit dem Schriftsteller Jaroslav Rudiš, eine Ausstellung der Künstlerin Eva Eisler und ein Konzert zum 700. Geburtstag von Karl IV. Das Tschechische Zentrum in München bietet nach der Sommerpause wieder ein mannigfaltiges Programm. Außerdem lädt es zu einer Design-Ausstellung nach Stuttgart ein. Ein Gespräch mit Ondřej Černý, dem Leiter des Tschechischen Zentrums in München.

Jaroslav Rudiš  (Foto: Šárka Ševčíková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Herr Černý, in der neuen Kultursaison werden einige Programmreihen fortgesetzt, die im vergangenen Jahr ins Leben gerufen wurden. Dazu gehört „Mein Weg zu unseren Deutschen“. Tschechische Schriftsteller und Künstler sprechen dabei über ihren persönlichen Blick auf die böhmischen Deutschen, aber auch die Deutschen generell. Wer ist diesmal Gast beim Diskussionsabend? Wie ist er mit dem Deutschen verbunden?

„Dieses Mal ist Jaroslav Rudiš unser Gast. Er ist ein Mann, der viel für die deutsch-tschechisch Beziehungen getan hat. Er lebt teilweise in Deutschland, teilweise in Böhmen. Er ist hier sehr populär, vielleicht nicht nur durch seine hervorragende Literatur. Er ist auch ein sehr guter Performer, spricht fließend Deutsch, und alle seine Lesungen sind immer sehr gut besucht. Er hat eine Menge Fans in München, in Bayern, aber auch in ganz Deutschland. Zu dieser Veranstaltung hat er geschrieben, es soll ‚eine Eisenbahnreise‘ sein ‚aus dem Böhmischen Paradies, wo ich geboren bin, nach Reichenberg, wo ich Deutsch und Geschichte studiert habe, und weiter nach Berlin, wo ich zur Zeit lebe, und von dort über Prag und Pilsen ins verlassene Altvatergebirge, wo ein einsamer Eisenbahner lebt, der nachts die Züge aus der Vergangenheit sieht.‘“

„Rudiš ist durch seine Literatur populär, aber auch ein sehr guter Performer.“

Diese Bahnfahrt mit Jaroslav Rudiš findet im Sudetendeutschen Haus am 13. Oktober statt. Die Geschichte der jüdischen Bevölkerung im Böhmerwald ist ein weiteres Thema, dem sich das Tschechische Zentrum in München widmet. Sie haben vor einiger Zeit eine Filmdokumentation über die Familie Getreuer aus Brodek / Schwanenbrückl gezeigt. Nun wird zu demselben Thema ein Buch vorgestellt...

„Böhmerwald ist hier in München ein sehr beliebtes Thema.“

„Es ist ehrlich gesagt unser Lieblingsthema. Wir machen das wieder zusammen mit dem Adalbert-Stifter-Verein. Böhmerwald ist ein Thema, das hier in München sehr beliebt ist. Es geht um eine Lesung mit der Autorin Regina Gottschalk. Sie kombiniert in ihrem Buch kombiniert kürzlich gefundene Familienbriefe aus den Jahren 1938 bis 1942. Diese werden an dem Literaturabend durch historische Fotos, Lebenserinnerungen und Tagebücher aus der Familie ergänzt und von einem Gitarrenkonzert begleitet.“

In vollem Gange ist in München derzeit eine Ausstellung mit dem Titel Eva Eisler: White – And Black? Eva Eisler ist als Schmuck-Künstlerin bekannt, ihr Wirkungsfeld ist aber wesentlich breiter. Können Sie diese aus Tschechien stammende und international renommierte Künstlerin vorstellen?

„Eva Eisler wird in München als große Dame der tschechischen Kunst wahrgenommen. Sie ist stark verknüpft mit der Reihe Schmuck im Rahmen der Internationalen Handwerkermesse, also einer der weltweit größten Ausstellungen modernen Schmucks. Eva Eisler stellt dort nicht nur oft aus, sondern war schon mehrmals auch als Jury-Mitglied und als Kuratorin dabei. Ihre aktuelle Ausstellung findet in einer kleinen, privaten Galerie statt. Sie zeigt den Weg vom Schmuck zur Installation, zu den Kunst-Objekten, und von den Objekten zurück zum Schmuck. Gezeigt werden große Skulpturen, aber auch Zeichnungen.“

„In Stuttgart stellen fünf Gewinner des ‚Czech National Award for Student Design‘ und fünf Finalisten der ‚German Design Awards aus‘.“

Im Programm des Tschechischen Zentrums wird dem Design traditionell große Aufmerksamkeit gewidmet. Dies ist auch im Herbst 2016 der Fall. In Stuttgart wird am 28. Oktober eine deutsch-tschechische Designausstellung eröffnet. Dabei werden junge Künstler aus beiden Ländern präsentiert. Nach welchem Kriterium wurden sie für die Schau ausgewählt?

„Die Designer, die in Stuttgart ausstellen, sind Gewinner des ‚Czech National Award for Student Design‘. Für diese Ausstellung wurden fünf Nachwuchsdesigner nominiert. Ähnlich ist es auf der deutschen Seite, wo fünf deutsche Finalisten des Newcomerpreises ‚German Design Awards‘ dabei sind. Die Schau ist für uns aus mehreren Gründen sehr wichtig. Erstens ist es eine gemeinsame tschechisch-deutsche Ausstellung, wo die Künstler persönlich dabei sind, und man eine schöne Vernetzung erwarten kann. Die zweite Sache ist, dass wir das zusammen mit dem Sparkasse Verlag Stuttgart und mit dem Honorarkonsulat der Tschechischen Republik machen. Das ist die erste große gemeinsame Veranstaltung, und Honorarkonsul Michael Ilg will damit den tschechischen Staatsfeiertag begehen. Und drittens ist es eine schöne Verbindung von Business und Kultur: Der Sparkasse Verlag ist ein riesiges Gebäude mit schönen Ausstellungsräumen, wo prestigevolle Ausstellungen stattfinden.“

Guillaume de Machaut  (ganz rechts)
Das also am Staatsfeiertag, am 28. Oktober in Stuttgart. Am nachfolgenden Staatsfeiertag, dem 17. November, findet in München ein Konzert statt, bei dem die Musik des Mittelalters erklingt. Vielleicht können wir unser Gespräch mit einer Einladung zu diesem Konzert abschließen.

„Wir wollten am 17. November etwas Besonderes veranstalten und hatten zwei Möglichkeiten: entweder Václav Havel oder Karl IV. Das sind die beiden wichtigsten Persönlichkeiten, die wir in diesem Jahr feiern. Wir haben uns für Karl IV. entschieden. Zum 700. Geburtstag von Karl IV. veranstalten wir dieses Konzert. Der Laienchor Cantica von Kutná Hora / Kuttenberg singt Werke und Lieder von französischen Komponisten und Komponisten aus der Zeit von Karl IV. und Johann von Luxemburg. Zum Beispiel von dem französischen Komponisten und Dichter Guillaume de Machaut, einem wichtigen Vertreter der Ars Nova und persönlichen Sekretär von Johann von Luxemburg, dem Vater Karls IV. Durch dieses Konzert, das wir in Zusammenarbeit mit der Tschechischen katholischen Mission in der Kirche am Südfriedhof machen, wollen wir beide diese Festtage, den Staatsfeiertag am 17. November und den 700. Jahrestag von Karl IV. feiern.“